
Interview mit Christoph Hauck
Christoph Hauck übernimmt 2021 als erster externer Geschäftsführer in der 75-jährigen Firmengeschichte das alleinige Ruder bei Albrecht Bäumer. Mit Stabilität und Nachhaltigkeit möchte er das „große Schiff“ Bäumer auf Kurs halten und setzt dabei insbesondere auf knapp 400 motivierte Mitarbeiter.
Bäumer ist für ihn eine Herzensangelegenheit, ein Perfect Match sozusagen.
Im Interview stand er uns Rede und Antwort.
Ein Kapitän von außerhalb übernimmt das Steuer
Herr Hauck, was schätzen Sie an Bäumer besonders?
Bäumer ist ein exzellenter Sondermaschinenbauer, ein Hidden Champion. Ich mag ganz besonders das Miteinander eines Familienbetriebs.
Ich habe tatsächlich das Gefühl, „zuhause angekommen zu sein“. Mit 21 Jahren habe ich meine Heimat verlassen, hatte Stationen in ganz Deutschland und auch im Ausland, arbeitete mehrere Jahre in England und Süd-Ost Asien, habe die Welt kennengelernt und nun meinen Arbeitsplatz quasi vor der Haustür. Es geht mir dabei nicht um Aspekte wie Bequemlichkeit, sondern ich habe den Eindruck, dass meine Reise vollkommen ist, dass ich am Ziel angekommen bin und mit all meiner Erfahrung nun diese Herausforderung annehmen darf.
Altkanzler Helmut Kohl nutzte 1995 folgendes Zitat, das mich in meiner Arbeit sehr prägt: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“ Dies bedeutet für mich auf die Führung des traditionsreichen Unternehmens Bäumer folgendes: Es zählt was war und ist. Ich trete nicht in das Unternehmen ein und drehe gleich alles auf Links. Es braucht Zeit, Behutsamkeit, Wachheit und auch Achtsamkeit, um die richtigen Stellschrauben zu verändern.
Bäumer ist für mich tatsächlich eine Herzensangelegenheit, ein Perfect Match und ich trete diese Herausforderung mit großer Freude und einem riesigen Interesse an.
Ich freue mich auf die Mitarbeiter. Ich mag Vielfältigkeit und bin bis jetzt überall gut mit den Menschen und ihren Eigenarten zurechtgekommen. Und nicht zu vergessen: Ich bin seit fast 30 Jahren mit einer Siegerländerin verheiratet, habe also auch in diesem Bereich durchaus Erfahrung gesammelt.
Und gibt es auch etwas, auf das Sie sich ganz besonders freuen?
Der interkulturelle Aspekt ist etwas, auf das ich mich sehr freue. Die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Nationen und Kulturen, mit Kunden, Niederlassungen und Vertretungen von Bäumer. Auch der Fokus auf die Branche der Schaumstoffverarbeitung, das Entwickeln immer neuester Technologien und die Arbeit bei einem Weltmarktführer sind Aspekte an meiner Aufgabe, die mich mit großer (Vor-) Freude erfüllen. Und ehrlich gesagt freue ich mich auch wirklich auf die gute Kantine und dass ich mit dem Mountain Bike oder zu Fuß zur Arbeit kommen kann.
Haben Sie in Bezug auf Ihre Arbeit eine Lieblingsdiszplin?
Ich war immer im Bereich von Technik und Vertrieb unterwegs. Dabei ist mir eine Ausgeglichenheit zwischen Automatisierung, Elektrotechnik, Maschinenbau und Mechanik wichtig. Zum Sondermaschinenbau verspüre ich tatsächlich mehr als nur Affinität. Gepaart mit meinen Erfahrungen und meiner Routine im Bereich Projektcontrolling und Finanzen gehe ich mit viel Ruhe und Sicherheit an diese neue Aufgabe.
Gibt es etwas, das Sie mit sehr viel Respekt in Hinblick auf Ihre neue Tätigkeit als Geschäftsführer bei Bäumer entgegentreten?
Natürlich habe ich größten Respekt vor der Aufgabe als Bäumer-Geschäftsführer: Respekt um meiner Verantwortung willen, aber keine Angst. Risiken sind immer sorgfältig abzuwägen und Chancen zu ergreifen. Grundsätzlich trete ich allen Menschen, denen ich begegne, mit gleich großem Respekt gegenüber.
Welche langfristigen Ziele haben Sie für die Gestaltung der Zukunft des Unternehmens?
Mit weltweit 400 Mitarbeitern und Niederlassungen in USA, China und Japan ist Bäumer ein großes Schiff, das ich auf Kurs halten muss. Mit einer sofortigen Response zu rechnen ist illusorisch und kann sogar gefährlich sein. Meine Ziele sind Stabilität und Nachhaltigkeit für die Mitarbeiter, Zufriedenheit für die Gesellschafter und ein erstklassiger Lieferant für unsere Kunden zu sein. Als First Class Supplier benötigt es das passende qualifizierte und engagierte Personal und die richtigen Entwicklungen. Digitalisierung spielt hier eine große Rolle: Wir werden in diesem Bereich Vorreiter bleiben und uns als digitaler Partner unserer Kunden etablieren. Unser Fokus wird immer bleiben, mehr Effizienz und Transparenz beim Kunden zu schaffen.
Wie sehen Ihre kurzfristigen Pläne aus?
In einem Jahr möchte ich das Vertrauen von Kunden, Belegschaft und Gesellschaftern gewonnen haben, in meiner Position respektiert sein und volle Auftragsbücher vorweisen können.
Was ist Ihnen in der Kundenbeziehung wichtig?
Verlässlichkeit ist für mich oberstes Gebot! 24/7 für die Kunden da sein, Ehrlichkeit, Fairness und Langfristigkeit stehen für mich im Vordergrund. Wichtig ist aber auch der Austausch: Kundenwünsche zu hören und umzusetzen bringt das Unternehmen nach vorne.
Hat der Maschinenbau in Deutschland Zukunft?
Und ob! In Deutschland haben wir den Vorteil der gut ausgebildeten und innovativ denkenden Mitarbeiter. Der Standort Deutschland ist natürlich teuer, aber das müssen wir kompensieren. Wir müssen immer einen Schritt voraus sein, dürfen uns nicht ausruhen, ständig Innovationen hervorbringen und in Standardisierung und Modularisierung investieren.
In den 75 Jahren seit es Bäumer gibt wird das Unternehmen nun zum ersten Mal alleine von einem Nicht-Familienmitglied/externen Geschäftsführer geleitet. Wie gehen Sie mit dieser besonderen Verantwortung um?
Dieser Verantwortung stelle ich mich bereits zum zweiten Mal. Bereits 2001 übernahm ich bei einem Unternehmen die erste Fremdgeschäftsführung nach Ausscheiden der Familie und es ist hervorragend gelaufen. Ich weiß um die Bedenken der Mitarbeiter und Geschäftspartner. Ich wünsche mir einen „geräuschlosen Übergang“. Dies erreiche ich indem ich agiere, als wäre es mein eigenes Unternehmen, mit Umsicht und grundierter Abwägung von Chancen und Risiken bei jeder Entscheidung. Letztlich erwarte ich genau diese Haltung auch von jedem Mitarbeiter.
Hat der Status eines Familienunternehmens auch unter ihrer Führung noch einen gewichtigen Einfluss?
Ganz deutlich: Ja! Ich würde nicht für einen Konzern arbeiten wollen. Es geht mir um Langfristigkeit, Nachhaltigkeit, nicht kurzfristigen Aktionismus. Im Gegensatz zum unpersönlichen Gedanken des Konzerns gilt es im Familienbetrieb die Waage zwischen der Zufriedenheit von Kunden, Geschäftspartnern, Mitarbeitern und Gesellschafter zu finden.
Mitten in einer weltweiten Pandemie voller Unwägbarkeiten starten Sie in dieser wichtigen Position: Wie gehen Sie damit um?
Mit Ruhe und Weitsicht und dem festen Glauben, dass die Pandemie zu Ende gehen wird und wir zur Normalität zurückkehren können. Wir werden immer wieder durch Krisen und konjunkturelle Schwankungen gehen, diese zu meistern ist mein und unser Job bei Bäumer.
Keine erfolgreiche Geschäftsführung ohne…
…motivierte Mitarbeiter. Ich glaube an ein funktionierendes Team, das Miteinander und das Verantwortungsgefühl eines jeden Mitarbeiters. Jeder ist zuständig und jeder ist wichtig!
Woraus ziehen Sie Ihre Kraft für die Aufgabe?
Kraft ziehe ich zum einen aus meiner stabilen Familie, bestehend aus Ehefrau, Tochter und Hund, die immer hinter mir steht. Zum Ausgleich fahre ich gerne und viel Mountain Bike und Motorrad, Reisen inspirieren mich. Letztlich arbeite ich einfach gerne, habe Spaß daran, genieße den Umgang mit den Menschen im Unternehmen.
Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Offenheit. Viele Erfolg in Ihrer neuen Aufgabe!